Reisebericht Brunei1
9.06. - 22.06.2004
Grüezi - Selamat Datang*
Mit nur knapp 5'800 Quadratkilometer Fläche und 300'000 Einwohnern ist das Sultanat Brunei einer der kleinsten Staaten der Erde. Sein ursprünglicher Name lautet "Negara Brunei Darussalam", was soviel bedeutet wie " Brunei - der Ort des Friedens". Und in der Tat, das kleine Land ist wirklich sehr friedlich. Alkohol ist im islamischen Land keiner erhältlich und eine politische Bewegung ist nicht auszumachen.
Dank der im Jahre 1929 entdeckten Ölvorkommen hat es der Kleinstaat zu unermesslichem Reichtum gebracht. Ohne die Ölförderung wuerde Brunei wohl gar nicht existieren, sondern waere wie seine Nachbarn Sarawak und Sabah, ein Teilstaat Malaysias. Heute wird in über 350 Bohrlöchern Öl gefördert. Man schätzt, dass die Ölreserven des Sultanats noch etwa 20 Jahre reiche, wenn der Rohstoff weiterhin in diesem Ausmass gefördert wird. In der Einsicht, dass in absehbarer Zeit der letzte Tropfen Öl verbraucht sein wird, intensiviert die Regierung die Landwirtschaft, hauptsächlich den Anbau von Reis. Heute muss nämlich ein Grossteil der Nahrungsmittel eingeflogen werden. Im Rahmen der Diversifizierung der Wirtschaft, unternimmt man auch Anstrengungen, den Tourismus zu fördern. Bisher mit wenig Erfolg. Die Kampagne "Visit Brunei Year 2001" wurde ein Flopp. Das Ziel von einer Million Touristen wurde weit verfehlt und die Hotellerie steckt mit ihren ungenutzten Überkapazitäten in einer schweren Krise.
Derzeit regiert der 29igste Sultan die Brunei, seine Majestaet Paduka Seri Baginda Sultan Haji Hassanal Bolkiah Mu'izzadin Waddaulah Ibni Almarhum Sultan Haji Omar' Ali Saiffudien Sa' adul Khairi Waddien. Der Sultan regiert seit seiner Krönung 1967 als absolutistischer Alleinherrscher. Er ist sowohl Staatsoberhaupt, Premier- und Verteidigungsminister wie auch oberster islamischer Führer in Personalunion. Andere wichtige Posten in der Regierung werden von seinen Brüdern besetzt. Er gilt als der reichste Staatschef der Welt. Sein Vermögen wird auf rund 50 Milliarden US-Dollar geschätzt. Ebenfalls rekordverdächtig ist sein Palast in der Hauptstadt Bandar Seri Begawan. Mit 1'788 Zimmern und 200 Toiletten ist es wohl das grösste Wohnhaus der Welt. Sein Bau kostete 350 Millionen Dollars. Der Palast ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die Privatsammlung an schnellen und teuren Autos umfasst mehr als 300 Fahrzeuge. Sie wurde vor einigen Jahren mit einem mit 85 Kilogramm Gold lackierten Ferrari ergänzt, der rund eine Million US-Dollar kostete. In Australien besitzt der Monarch eine Rinderfarm, die grösser ist als Brunei. Von dort wird fast der gesamte Fleischverbrauch eingeflogen. Im Gegensatz zu anderen reichen Staatsmännern zeigt sich der Sultan spendabel und die meisten Einwohner Bruneis profitieren von dessen Wohlstand. Er lässt zu Jahresbeginn sogar Geschenke verteilen, subventioniert Flugreisen in die heilige Stadt Mekka und zeigt sich allgemein sehr volksnah. Der Staat verlangt keine Steuern und gewährt ein kostenloses Gesundheits- und Bildungssystem. Dabei werden die Malayen aber bevorzugt. Die ursprünglichen Ethnien kommen nur in den vollständigen Genuss der staatlichen Wohlfahrt, wenn sie zum Islam übertreten. Jegliche Kritik an der Person des Monarchen ist unerwünscht, was den Besitzer des Hotels, in dem wir logieren, jedoch nicht daran hindert, uns seine Unzufriedenheit über die reiche Adelsfamilie kundzutun.
Der Islam nimmt in Brunei einen höheren Stellenwert ein als in Malaysia oder Indonesien. Der strikte Glauben verbietet neben dem Alkoholkonsum auch Sport, Kino und jegliche abendliche Unterhaltung. Zwischenmenschliche Beziehungen werden öffentlich nicht allzu stark demonstriert. Für die Jugend Bruneis bedeuteten diese Einschränkungen, dass ihre Freizeit von Langeweile geprägt ist. Es gibt keine Jugendtreffs und nur sehr selten Rockkonzerte. Der Rat des Sultans, in der Freizeit den Koran zu studieren, ist nicht gerade nach dem Geschmack der Jungen.
Wir gelangen mit dem Bus von Sarawak nach Bandar Seri Begawan. Der Name der Hauptstadt lässt sich mit "Stadt der Glorreichen" übersetzen. Die am Brunei Fluss gelegene Stadt beherbergt rund 79'000 Einwohner. BSB, wie man die Stadt hier abgekürzt nennt, wird laufend modernisiert. Sie wirkt im Vergleich mit anderen asiatischen Hauptstädten recht geruhsam und fast steril. Das Wahrzeichen der Stadt, die Omar Ali Safuddien Moschee, ist nach dem Vater des heutigen Sultans und dem Gründer des modernen Bruneis benannt. Sie wurde 1958 an einem künstlichen See erbaut. Die Moschee ist das höchste Gebäude von BSB und eine der eindrucksvollsten Moscheen von ganz Südostasien. Für den Bau wurde Marmor aus Italien verwendet, die Fensterstrukturen und -scheiben wurden in England hergestellt und die Teppiche wurden aus Saudiarabien und Belgien eingeflogen. Ein venezianisches Mosaik, bestehend aus 3.5 Millionen Steinchen, dekoriert den Hauptdom. Wenn sich abends die Lichter der Moschee in der künstlichen Lagune spiegeln, kommt der eindrückliche Bau erst recht zur Geltung.
Auch Sultan Hassanal Bolkiah hat sich seine eigene Moschee erbauen lassen. Selbstverständlich musste sie noch grösser werden, als jene seines Vaters. Sie wurde 1992, zum 25. Geburtstag seiner Thronbesteigung, fertig gestellt und liegt etwas ausserhalb der Stadt. Früher lebte die ganze Bevölkerung der Stadt in Pfahlbausiedlungen. Und auch heute leben noch rund 30'000 Menschen in einem der 28 Wasserdörfer, Kampung Ayer genannt. Diese Dörfer sind an den Ufern des Sungar Brunei auf Stelzen erbaut und gelten als das Venedig Südostasiens. Die Häuser sind mit Elektrizität und fliessendem Wasser ausgestattet und die meisten haben einen kleinen Vorgarten mit exotischen Pflanzen. In den Kampung Ayer leben nicht nur Fischer und Handwerker, sondern auch Büroangestellte. Diese fahren morgens mit dem Wassertaxi aufs Festland und abends zurück in die Pfahlbaudörfer. Wir erkunden einen Teil eines solchen Dorfes zu Fuss auf den Bretterstegen, mit denen die Häuser verbunden sind. Dabei sehen wir auch die Rückseite des ansonsten sehr sauberen Sultanats: Die Wasseroberfläche ist an manchen Orten mit grossen Mengen Abfall bedeckt. Dies scheint aber niemanden zu stören.
Der östliche Teil Bruneis, der Temburong Distrikt, ist durch den malaiischen Limbang-Korridor vom übrigen Brunei abgetrennt. Nebst dem Hauptort Bangar und einzelnen kleinen Siedlungen besteht das Gebiet noch grösstenteils aus Dschungel. Von BSB aus erreichen wir Bangar mit dem Boot in etwa einer Stunde. Unterwegs passieren wir idyllische Fischerdörfer und Mangrovenwälder und überqueren zweimal die malaiische Grenze. Im 1'000 Einwohner fassenden Bangar ist nicht viel los, nach dem Besuch des ruhigen Marktes und dem Genuss eines frischen Kaffees fahren wir wieder zurück.
Nach drei Tagen Aufenthalt im Sultanat reisen wir mit dem Boot von Muara weiter auf die Insel Pulau Labuan in Sabah, dem zweiten malaiischen Teilstaat auf Borneo.
Brunei liegt hinter uns, wir freuen uns auf weitere Erlebnisse in Sabah.
*so begrüsst man sich in Brunei
Topps und Flopps Brunei
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