Reisebericht Indonesien
29. April bis 28. Mai 2004
Gruezi - Selamat Datang*
Indonesien in seiner Gesamtheit bereisen zu wollen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Von der Nordküste Sumatras bis zum Südosten Papuas sind es fast 5'000 Kilometer. Dazwischen liegen offiziell gezählte 13'677 Inseln, von kleinen Felsformationen bis zu riesigen Inseln wie Sumatra und Borneo. Ein Satellitenbild verdeutlicht, dass der Hauptteil Indonesiens aus Wasser besteht. Die Indonesier nennen ihr Land deshalb auch "Tanah Air Kita", was soviel bedeutet wie "unsere Erde und unser Wasser". Die Landfläche errechnet sich auf 1.9 Millionen Quadratkilometer. Mit 232 Millionen Einwohnern ist Indonesien hinter China, Indien und den USA die Nummer Vier unter den bevölkerungsreichsten Nationen der Welt. Die Bevölkerungsdichte ist aber sehr unterschiedlich verteilt. Am überbevölkertsten erscheint die Insel Jawa, wo 60 Prozent der Indonesier auf sieben Prozent der Landesfläche wohnen. Das andere Extrem stellt Papua dar: Dort verteilt sich auf 22 Prozent der Landesfläche nur gerade ein Prozent der Bevölkerung. In diesem riesigen Land, das sich 1'770 Kilometer nördlich und südlich des Äquators ausbreitet, trifft man auf verschiedenste Gesellschaften und Kulturen. Jede Insel ist praktisch ein anderes Land mit eigenen Volksgruppen, Bräuchen, anderer Religion, Sprache und eigenen kulinarischen Spezialitäten. Man findet in Indonesien rund 300 ethnische Gruppen, sowie 365 Sprachen und Dialekte. Die Landessprache Bahasa Indonesia erleichtert die Kommunikation untereinander. Der Ausdruck "Bhinneka tungal ika" (vereint in unserer Vielfalt) verdeutlicht, dass sich trotz der bestehenden regionalen Konflikte die klare Mehrheit stolz mit ihrer Nation, Flagge und Sprache identifiziert.
Das Land leidet noch immer unter den Spätfolgen der Bombenattentate 2002 auf Bali und in Jakarta 2003. Damals riss der Strom ausländischer Besucher abrupt ab. Zu unrecht, denn das wahre Bild Indonesiens bleibt wie es war: Ein lebhaftes und abwechslungsreiches Land, dessen Bewohner jeden Besucher willkommen heissen. Die ab Februar 2004 gültigen Einreisebeschränkungen erlauben für ein Visum on Arrival nur noch eine Aufenthaltsdauer von 30 Tagen. Wir beschränken uns deshalb in dieser Zeit auf den Besuch der Inseln Sumatra, Bali und Lombok.
Von Singapur sind wir mit der Speedboat-Fähre in 40 Minuten auf der Insel Batam. Dort erledigen wir die Grenzformalitäten für die Einreise nach Indonesien. Von Batam fährt ein Boot nach Pekanbaru, auf der Insel Sumatra. Wir müssen uns beeilen, um das letzte Boot zu erreichen, das den Hafen morgens um 07.45 Uhr verlässt. Der Kauf eines Tickets wird zum Spiessrutenlauf: Nach der Zollkontrolle sind wir bald von einer Meute jüngerer Männer umringt, die endlos auf uns einreden. Beim Schiffsterminal wird es noch schlimmer. Etwa 20 Verkaufsschalter sind dort aneinander gereiht. Aus jedem schreit ein Verkäufer das Fahrziel seiner Fähr-Gesellschaft und jeder versucht, uns mit den Armen an seinen Schalter zu winken. Uns gelingt es, trotz des unbeschreiblich chaotischen Lärms, ein Ticket zum angeschriebenen Preis zu kaufen. Das Schiff erreichen wir rechtzeitig und sinken erschöpft und erleichtert in unsere Sitze. Wir lassen das gerade Erlebte Revue passieren und beginnen beide zu lachen. Was für ein Empfang in Indonesien!
Unterwegs stellen wir fest, dass man uns doch nicht ein Ticket bis nach Pekanbaru verkauft hat. Der sehr günstige Tarif war uns von Anfang an aufgefallen. Mit dem noch bezahlten Zuschlag stimmt er aber wieder mit der Angabe im Reiseführer überrein. Wir erreichen Pekanbaru nach rund zehn Stunden kurz vor dem Eindunkeln. Einmal mehr befindet sich die Schiffsanlegestelle ausserhalb der Stadt. Wir beschliessen, mitsamt Gepäck einen kurzen Abendspaziergang ins Stadtzentrum zu unternehmen. Dort finden wir auch bald ein uns passendes Gästehaus. Das Nachtessen geniessen wir in einem Restaurant mit einem breiten Angebot an lokalen Speisen. Wie die anderen Gäste sitzen wir auf Strohmatten an niederen Tischen. Wir sind erleichtert, als man uns Löffel und Gabel bringt. Unsere Tischnachbarn essen hingegen mit der rechten Hand. Menükarte gibt es keine, wir wählen aus den in einem Schaufenster präsentierten Speisen aus. Wir entschliessen uns fuer Reis mit Gemüsecurry und Fisch.
Am nächsten Morgen erleben wir am Busbahnhof das gleiche Chaos wie am Vortag. Es gibt unzählige Agenturen, die Bustickets verkaufen. Wir erhalten jede Information über die Qualität der Busse, aber die genaue Abfahrtszeit des nächsten Busses kann uns niemand mitteilen. Deshalb gehen wir zu einem abfahrtsbereiten Bus, der mit dem Zielort Bukittingi angeschrieben ist. Kaum sind wir eingestiegen, setzt sich der Bus in Bewegung. Die nächste Stunde tuckern wir auf der Suche nach weiteren Fahrgästen im Schneckentempo durch die Strassen der Stadt. Erst als alle Plätze besetzt sind, steigert der Chauffeur das Tempo und biegt auf die Hauptstrasse ein.
Bukittingi befindet sich im zentralen Hochland Sumatras auf 930 Metern über Meer. Man nennt die Stadt auch "Tri Arga", nach den drei den Ort umgebenden majestätisch in den Himmel ragenden Vulkanen Merapi, Singgalang und Sago. Die Stadt ist ein geschäftiger Marktplatz und Zentrum der Minangkabau-Kultur. Der Ursprung dieses Königreiches und des Namens Minangkabau bleibt ein Mythos. Man erzählt sich, dass das Volk, um einer Schlacht mit der jawanesischen Armee zu entgehen, den Kampf zwischen zwei Büffeln vorschlug. Die Jawaneser setzten einen starken Stier ein. Das clevere Volk von Sumatra entschied sich stattdessen für ein schwaches, ausgehungertes Kälbchen. Diesem band man Metallsperre an seine Hoerner. Das Kälbchen glaubte beim Anblick des Stieres, er sei seine Mutter und rannte sofort an dessen Bauch, um dort seine Milch zu holen. Dabei stiess es die Metallsperre tief in das Fleisch des Stieres. Als dieser tot zu Boden fiel, soll die Menschenmenge ausgerufen haben "Minangkabau, Minangkabau", was soviel heisst wie "unser Büffel hat gewonnen". Obwohl muslimischen Glaubens ist die Gesellschaft der Minangkabau matriarchalisch und matrilineal strukturiert: Die Frauen bestimmen die Gemeinschaft, wobei die älteste Frau das Sagen hat. Das Erben von Titeln, Land und Vermögen fällt jeweils den Frauen zu.
Ein besonderes Erlebnis ist der Besuch einer Kinovorstellung am Samstagabend. Für die Jugend Bukittingis stellt das Kino eine der wenigen Unterhaltungsmöglichkeiten dar. Unter den Besuchern sind auffallend viele Liebespaare, die die Gelegenheit nutzen, sich näher zu kommen. Im streng muslimisch dominierten Sumatra ist es sonst tabu, in der Öffentlichkeit Zärtlichkeiten auszutauschen. Der Filmsaal wie auch die Filmqualität erinnert an das alte Kino Palace in Sissach in früheren Zeiten: Holzklappstühle und ab und zu ein Filmriss.
Bukittingi ist Treffpunkt vieler Studenten, die hoffen, dort auf Touristen zu stossen, mit denen sie ihre Englischkenntnisse verbessern können. Das führt dazu, dass wir, mangels anderer Touristen, Anziehungspunkt für sämtliche Studenten sind.
Von Bukittingi ist es nicht weit zum Kratersee Danau Maninjau. Der See ist 17 Kilometer lang und acht Kilometer breit. Wenn man vom Kraterrand zum 600 Meter tiefer liegenden See hinunterfährt, hat man wirklich den Eindruck, in einen Vulkankrater einzutauchen. Die Strasse schlängelt sich über 44 Haarnadelkurven hinunter zum Ort Maninjau. Die Landschaft ist sehr grün und fruchtbar. Wären da nicht die vielen Palmen und Reisfelder, man könnte meinen, man sei in der Schweiz. Mit Mountainbikes fahren wir die 55 Kilometer rund um den See.
Unsere nächste Station ist die Stadt Padang an der Westkueste Sumatras. Dort überqueren wir erstmals auf unserer Reise den Äquator. Von Padang fliegen wir nach Denpasar auf der Insel Bali. Denpasar selbst hat wenig zu bieten und wir ziehen weiter nach Ubud. Dieser Ort stellt das kulturelle und handwerkliche Zentrum der Insel dar. Auf der Strecke nach Ubud reihen sich Souvenirläden und Handarbeitsateliers aneinander. Sie wirken wie Kulissen ohne Hauptdarsteller, denn eineinhalb Jahre nach dem Bombenanschlag bleiben die Touristen nach wie vor aus. Das selbe Bild zeigt sich auch in Ubud. In den vielen Restaurants übersteigt die Anzahl des Personals jene der Gäste. Uns kommt diese, für die vom Tourismus abhängigen Einheimischen fatale Situation, für einmal entgegen. Bei der Zimmerwahl können wir von einem ungemein günstigen Preis-Leistungsverhältnis profitieren. Die Landschaft Balis mit den saftig grünen Reisfeldern und den hochragenden Vulkanen, die unzähligen, grösseren und kleineren hinduistischen Tempeln und die erholsame Atmosphäre führt dazu, dass wir länger in Ubud bleiben als ursprünglich geplant. Während unseres Aufenthaltes findet in vielen Tempeln ein dreitägiges Tempelfest statt. Die Gläubigen in ihren festlichen Sarongs strömen in die Tempelanlagen. Frauen tragen auf ihren Köpfen ihre vielfältigen Opfergaben. Diese reichen von einfachen mit Blumen gefüllten Bastkörben bis hin zu kunstvoll mit Früchten gefüllte Goldschalen. Die Tempel sind während des Festivals geschmückt mit farbigen Tüchern und gelben, weissen und roten Schirmen. Ab und zu wird das Treiben im Tempel von traditioneller Gamelanmusik begleitet. Abends finden in Ubud mehrere Vorstellungen mit balinesischen Tänzen statt. Wir besuchen eine Legong-Tanzvorführung. Dies ist der graziöseste unter den vielen Tanzstilen Balis. Die Legongtänzerinnen sind in enge, Goldgeschmückte Kleider gehüllt.
Weitere Sehenswürdigkeiten der Insel besichtigen wir auf zwei Tagesausflügen. Ein Höhepunkt stellt dabei der Besuch von Phura Besakih dar. Er ist der wichtigste Tempel von Bali. Vor der Besichtigung werden wir von vielen aufdringlichen Balinesen gewarnt, die ihre Dienste als Fremdenführer oder als Tempelbeschützer zu stark überhöhten Tarifen anbieten wollen. Wir schaffen es, die Besichtigungen in Ruhe zu geniessen. Die Anlage besteht aus 23 selbständigen, aber miteinander verbundenen Tempeln. Während unseres Besuchs können wir einem weiteren Tempelfestival beiwohnen. Auch hier opfern tausende von wundervoll gekleideten Hindus ihre kunstvoll dekorierten Schalen und Körbe. Der Ausblick vom höchstgelegenen Tempel über die Insel und zum höchsten Berg Balis, dem über 3000 Meter hohen Gunung Agung, ist eindrücklich.
Lombok, die Nachbarinsel von Bali, ist unser nächstes Ziel. Sie gehört zur Provinz West Nusa Tengara. Lombok dehnt sich sowohl vom Norden bis Süden, wie auch von Westen nach Osten über rund 80 Kilometer aus. Dies ermöglicht uns, während eines Tages die Insel mit einem Auto zu umrunden. Die Mehrheit der Inselbewohner gehört zur Volksgruppe der Sasak. Im Gegensatz zum hinduistisch geprägten Bali ist Lombok hauptsächlich islamisch. Allerdings halten unter den Sasak noch viele an sehr traditionellen Bräuchen und auch am Animismus fest. Der Küstenstreifen nördlich und östlich des Vulkanbergs Rinjani ist sehr dünn besiedelt. Die Mehrheit der 2.4 Millionen Einwohner wohnt in den fruchtbaren Abhängen und Ebenen südlich des Vulkans. Das kleine verschlafene Bauerndorf Tetebatu liegt am Fusse des Vulkans. Die Aussicht von Tetebatu nach Norden auf den aufragenden Vulkan und Richtung Süden aufs Meer ist beeindruckend. Wir machen kurze Wanderungen in die fruchtbare Umgebung. Unterwegs passieren wir ausgedehnte Tabakplantagen. Der Tabakanbau ist für die Bauern recht lukrativ. Daneben wird aber auch Kaffee, Kakao, Vanille, Cashew-Nüsse und natürlich Reis angebaut. In den Bauerndörfern sind für einmal wir, als westliche Touristen die Attraktion. Wir geniessen auch einige Spezialitäten der Sasak-Küche. Die Namen der Gerichte tönen recht exotisch: Olah-Olah, Gemüse in Kokosmilch, oder Urap-Urap, Gemüse mit Kokosraspel. Die Sasak-Küche verwendet reichlich Chili, was nicht erstaunt, lässt sich doch der Name Lombok mit Chili-Bohne übersetzen. Im Badeort Sengiggi an der Westküste verbringen wir ein paar erholsame Tage. Dabei ist es für uns das erste Mal, dass wir am Strand schwarzen Vulkansand antreffen. Wir beobachten in einer kleinen Bucht die Einwohner beim Fischfang. Dabei wird das ausgeworfene Netz vom Ufer aus an den Strand zurückgezogen. Wegen der starken Brandung erfordert dies den ganzen Kräfteeinsatz von rund zehn Männern und Frauen. Der Korb ist am Schluss zur Hälfte mit Fisch gefüllt. Der Fang wird sortiert, das Netz gereinigt und für den nächsten Einsatz vorbereitet.
Lombok wartet wie Bali auf eine Erholung des Tourismussektors. Es wäre der unter dem Einnahmenausfall leidenden Bevölkerung zu gönnen, wenn wieder vermehrt Touristen die Inseln besuchen würden. Auch für uns ist es manchmal sehr unangenehm, da wir dauernd von unzähligen Souvenirhändlern, Touranbietern, Taxifahrern und Restaurantbesitzern angesprochen werden. Uns tönt es immer noch in den Ohren : "Hello Mister, Hello Friend, Hello Brother"!
Zum Abschluss unseres Indonesienaufenthalts fliegen wir zurück nach Sumatra. Diesmal nach Medan im Norden. Dort wollen wir gleichentags mit dem Bus zum Lake Toba weiterfahren. Die Angestellten der beiden uns empfohlenen Busgesellschaften sind uns nicht gerade behilflich bei der Vermittlung des richtigen Busses. Zudem sind ihre Preisvorstellungen mehr als übertrieben. Wir entschliessen uns, vorerst abzuwarten. Nach mehr als einer Stunde Wartens steigen wir in einen Bus ein. Den Preis konnten wir auf ein vernünftiges Niveau herunterhandeln. Der zuständige Ticketverkäufer versichert uns mehrmals, dass wir in drei Stunden in Parapat am Lake Toba sein werden. Alles scheint zu klappen und wir geniessen die Fahrt in Richtung Berge. Pünktlich nach drei Stunden hält der Bus an. Wir müssen aber feststellen, dass wir statt in Parapat erst in Siantar sind. Endstation! Obwohl wir noch 50 Kilometer vom Lake Toba entfernt sind, werden wir bei strömendem Regen zum Verlassen des Busses aufgefordert. Wir können es kaum fassen, dass wir in Medan bei der Busstation faustdick angelogen wurden. Glück im Unglück: Trotz unserem Ärger und der einbrechenden Dunkelheit finden wir einen Minibus, der uns noch am selben Abend in einer halsbrecherischen Fahrt an unseren Zielort bringt.
Am nächsten Morgen fahren wir mit der Fähre nach Tuk-Tuk auf der Insel Samosir. Dort treffen wir wie abgemacht auf unseren Freund Daniel aus Sissach. Das Wiedersehen ist schön und wir haben uns einiges zu erzählen. Zu Dritt verbringen wir ein paar Tage an diesem ruhigen und erholsamen Ort. Der Lake Toba ist mit einer Fläche von 1'700 Quadratkilometern der grösste See in Südostasien. Er soll nach einer gewaltigen Vulkanexplosion vor rund hunderttausend Jahren entstanden sein. Das Wasser ist bis zu 450 Meter tief und ein Bad im See ist sehr erfrischend. In der Seemitte erhebt sich die nsel Samosir. Sie ist durch eine zweite Erosion vor 30'000 bis 75'000 Jahren entstanden. Die Gegend um Danau Toba, wie der See hier genannt wird, ist die Heimat der Batak.
Diese Volksgruppe stammt ursprünglich aus Nordthailand und Myanmar, wo sie von Mongolen und Siamesen vertrieben wurde. Sie galt einst als sehr kriegsfreudig und Fehden zwischen den Dörfern lagen an der Tagesordnung. Sie misstrauten einander derart, dass weder Wege noch Brücken die einzelnen Siedlungen verbanden. Der Kannibalismus überlebte bis in die Zeit des frühen 19. Jahrhunderts. Heute ist die Mehrheit der Batak christlichen Glaubens, den ihnen die holländischen Kolonialherrscher näher brachten.
In der Batak-Kultur spielte die Musik schon immer eine dominate Rolle. Heutzutage sind die Batak bekannt für ihre kraftvollen und emotional vorgetragenen Hyhmnen. Nach dem Nachtessen im Restaurant vis-a-vis unseres Guesthouses nimmt der Wirt seine Gitarre zur Hand und sing mit rauchiger Stimme traditionelle sehnsuchtsvolle Volkslieder.
Von Medan fliegen wir nach Pontianak auf der Insel Borneo. Von dort fahren wir mit dem Bus über die Grenze nach Kuching im Teilstaat Sarawak in Ostmalaysia. Indonesien liegt hinter uns, wir freuen uns auf neue Erlebenisse in Sarawak.
*so begrüsst man sich in Indonesien.
Topps und Flopps INDONESIEN
Topps
Flopps
Reisebericht Kalimantan
06.07. - 19.07.2004
Grüezi - Selamat Datang*
Wir erreichen den indonesischen Grenzort Tarakan nach einer dreistündigen Bootsfahrt auf ruhiger See. Der Einreisebeamte ist sehr neugierig und stellt uns einige Fragen. Wir haben den Eindruck, er würde uns am liebsten gar nicht einreisen lassen. Wir haben uns jedoch vorgängig ein Visum besorgt, was ihn schliesslich dazu bewegt, missmutig die notwendigen Stempel in unsere Pässe zu knallen. Da das Boot für unsere Weiterreise von Tanjung Selor von einem anderen Pier abfährt, machen wir uns zu Fuss auf den Weg. Doch als wir nach einer halben Stunde dort eintreffen, sind für das nächste Boot schon sämtliche Plätze ausverkauft. Das zwingt uns, hier zu übernachten. Bevor wir uns auf Zimmersuche begeben, reservieren wir uns zwei Plätze im ersten Boot am nächsten Morgen. Die Suche nach einer Unterkunft gestaltet sich äusserst schwierig. Die Hotels in der Nähe des Bootsterminals sind ausgebucht. Doch wir haben Glück und finden ein Zimmer in einem Losmen, wie man hier die einfachen Familienpensionen nennt. Der Kaffee, den wir nach einem feinen Padang-Znacht bestellen, bleibt uns als schrecklich und ungeniessbar in Erinnerung.
Ein kleines Motorboot steht für uns am nächsten Morgen bereit. Auf die 25 Plätze verteilen sich schliesslich rund 35 Passagiere und viel Gepäck. Selbst der Pilot, der das überfüllte Boot über die Dachluke besteigt, muss seinen Sitz mit einem Passagier teilen. Nach einer Stunde Fahrt erreichen wir die mit Mangrovenwäldern gesäumte Küste und biegen in die Mündung eines Flusses ein. Unsere Hoffung, in Tanjung Selor mit dem bereitstehenden Bus weiterzureisen, wird schnell zerstört. Sämtliche Plätze sowie der Zwischengang sind belegt und Stehplätze will man uns Touristen nicht anbieten. Wir kaufen stattdessen die Plätze in der ersten Sitzreihe des nächsten Busses, der zwei Stunden später losfahren soll. Der kurze Aufenthalt gibt uns die Gelegenheit, an einem Essensstand einen Kaffee zu trinken und feines Gebaeck zu probieren. Bald sind wir mit den Einheimischen im Gespräch. Zur Verständigung setzen wir unsere sehr einfachen Kenntnisse der indonesischen Sprache ein, reden in Englisch oder gebrauchen die Gebärdensprache. So vergeht die Zeit im Nu. Die Fahrt mit dem Bus ist abenteuerlich: gut gefüllter Bus, nicht das allerneuste Modell und Strassen, die sich in sehr unterschiedlichem Zustand präsentieren. Geteerte Abschnitte wechseln sich mit Schotterpisten ab. Auch ein Reifendefekt darf natürlich nicht fehlen. Aber wozu hat man schliesslich einen Reservereifen? Nach fünf Stunden erreichen wir die Stadt Berau. An der Uferpromenade reihen sich hier allabendlich Essenstände und Kaffeeshops aneinander. Die Einheimischen sitzen zusammen und geniessen die Zeit, während die untergehende Sonne den Himmel immer wie röter färbt. Vor der Weiterreise nach Samarinda bleibt uns am nächsten Morgen noch Zeit um zu frühstücken. Wir bestellen Tempe Goreng. Das sind frittierte Tofuplätzchen, die köstlich schmecken. Die Busfahrt gleicht jener von gestern. Ein alter Bus, viele Fahrgäste und eine Fahrt auf mehrheitlich holpriger Schotterstrecke. Wir fahren durch Urwald, der nur selten von Siedlungen unterbrochen wird. Es begegnen uns viele mit Holz beladene Lastwagen, die oft in atemberaubender Geschwindigkeit an uns vorbei donnern. Dazwischen darf auch ein kurzer Gewitterregen nicht fehlen. Die Fahrt dauert und dauert, und das Sitzen wird immer unbequemer. Schliesslich wird es dunkel. Es ist zwei Uhr nachts, als wir in Samarinda ankommen. Ein Taxi bringt uns zu unserem ausgewählten Hotel. Dort teilt man uns mit, sämtliche Zimmer seien ausgebucht. Wir fragen hartnäckig nach, worauf man uns noch zwei Einzelzimmer anbieten kann. Wir wollen nach der 14 stündigen Busfahrt nur noch eines, nämlich schlafen. Da macht es uns auch nichts aus, in getrennten Zimmern zu übernachten. Die Nacht ist kurz, und nach wenigen Stunden Schlaf machen wir uns auf die Suche nach einem freien Hotelzimmer. Doch irgendwie scheint sich alles gegen uns verschworen zu haben. Denn sämtliche Hotels, sogar die teuren, sind über das Wochenende ausgebucht. Zu allem Unglück beginnt es noch zu regnen. So ändern wir kurzfristig unseren Plan und nehmen am Nachmittag bereits die Weiterreise in Angriff. Im Nachtbus nach Banjarmasin verbringen wir eine weitere anstrengende Reise. Der Bus präsentiert sich komfortabel. Die Klimaanlage lässt die Temperatur auf Kühlschrankniveau sinken und aus den Lautsprechern ertönt lauter Discosound. Dies verhindert jeglichen Schlaf der Passagiere und das Einnicken des Buschauffeurs. Kurz vor Erreichen unseres Reiseziels verbreitet sich im Reisebus ein sonderbarer Geruch. Wir halten an. Von der beginnenden Diskussion verstehen wir kein Wort. Da alle anderen Passagiere mitsamt dem Gepäck aussteigen, packen wir ebenfalls unsere sieben Sachen und warten am Strassenrand auf einen anderen Bus. Einmal mehr haben wir Glück, und ein Reisecar mit Fahrziel Banjarmasin hält an. Wir finden auf zwei Plastikstühlen im Gang noch Platz. Die ganze Fahrt hat schliesslich mehr als 18 Stunden gedauert. Wir sind froh, dass wir diesmal problemlos eine angenehme Unterkunft finden.
Banjarmasin ist die Hauptstadt Kalimantans. Die Infrastruktur konnte mit dem schnellen Wachstum der Stadt nicht mithalten. Die Strassen sind mit lärmigem Verkehr verstopft, und die stinkenden Abgase verpesten die Innenstadt. Neben modernen Personenwagen prägen ältere Modelle, dreirädrige Taxis und Fahrradritschkas das Bild auf den Strassen. Die Elektrizitätsversorgung ist mit der raschen Zunahme der Bevölkerung überfordert. Als wir eines Abends in unser Gästehaus zurückkehren, liegt das ganze Quartier im Dunkeln. Man erklärt uns, dass jeden Abend abwechslungsweise ein Quartier ohne Strom sei.
Wer Banjarmasin besucht, darf den schwimmenden Markt auf dem Martapura Fluss nicht verpassen. Dort bieten die Marktfahrer auf ihren Booten Gemüse, Früchte und Reis an. Souvenirboote wie an manchen schwimmenden Märkten in Thailand findet man hier keine. Auch für das leibliche Wohl der Marktbesucher ist gesorgt. Das Angebot auf dem Frühstücksboot lässt uns das Wasser im Munde zusammenlaufen. Von unserem Boot aus picken wir mit einem langen Holzstab, an dessen Ende ein Nagel steckt, einige Köstlichkeiten heraus. Dazu reicht man uns Tee oder Kaffee. Die Rückfahrt führt uns mit dem Boot durch die unzähligen Wasserstrassen der Stadt. Wir beobachten die Bewohner der sehr einfachen Hütten beim Waschen und Baden am Fluss. Sie winken uns zu und lachen - trotz der einfachen Lebensverhältnisse scheinen die Menschen hier glücklich zu sein.
Mit einem vollbesetzten Wassertaxi machen wir einen Ausflug flussaufwärts nach Tawan. Wir beobachten das Leben am Fluss, passieren kleine Dörfer und schauen den Passagieren beim Ein- und Aussteigen zu. In der Endstation Tawan trinken wir mit dem Bootsführer und seinem Gehilfen Tee. Einmal mehr sind wir für die Dorfbewohner die Attraktion des Tages. Die Rückfahrt zieht sich in die Länge, da wir in jedem Ort anhalten und auf zusteigende, zahlende Passagiere warten.
Von Banjarmasin geht es weiter nach Pangkalanbun. Und erneut steht uns eine lange, anstrengende Reise mit dem Bus bevor. Die erste Etappe führt uns nach Palangkaraya, wo wir nach sechs Stunden Fahrt eintreffen. Wir wechseln den Bus und nach zwei Stunden Aufenthalt geht es weiter. Die endlos scheinende Fahrt im Dunkeln über holprige Strassen auf unbequemen Sitzen wird zur Tortour. Wir sind froh um jeden noch so kurzen Stopp. Und als wir Pangkalanbun bei Tagesanbruch erreichen, legen wir uns als erstes auf eine harte Bank bei der Busstation. Wir wollen jetzt einfach unsere Ruhe haben und versuchen noch etwas zu schlafen. Die 17 Stunden im Bus haben uns ziemlich zugesetzt. In der kleinen Provinzstadt finden wir später ein sauberes Hotelzimmer. Der erste Schluck Kaffee des Tages lässt unsere Lebensgeister wieder erwachen. Auf einem Spaziergang durch die Stadt entdecken wir sogar eine Eisdiele: Die Avocadomilchshakes und die Kokosnussglace schmecken ausgezeichnet!
Konnten wir uns bisher bei der Reise durch Kalimantan an mehr oder weniger fahrplanmässig verkehrende Transportmittel halten, müssen wir uns hier hartnäckig durchfragen. Wann und wo das Boot für die Weiterreise nach Kotawaringin fährt, kann uns niemand sagen. Die Boote fahren wahrscheinlich los, wenn genügend Passagiere da sind. Am nächsten Morgen sind wir sehr frueh bei den Booten. Es braucht sieben bis acht Passagiere bis sich der Pilot zur Abfahrt entscheidet. Nach einigem Warten und Diskussionen um den Fahrtpreis und darueber, in welches Boot wir einzusteigen haben, sitzen wir in einem der kleinen Motorboote. Die Fahrt auf dem Fluss wird bei Sonnenschein und blauem Himmel zu einem wunderbaren Erlebnis. Sattgrüner Dschungel links und rechts, wir sehen sogar einen der seltenen Nashornvögel über unsere Köpfe fliegen. In Kotawaringin, nach eineinhalb Stunden Fahrt, hilft man uns rasch zum nächsten Transportmittel, einem Vierradangetriebenen Jeep. Nach weiteren eineinhalb Stunden auf der Holzfällerstrasse sind wir bereits in Sukamara. Auch hier ist man sehr hilfsbereit und man will uns gleich aufs Boot verfrachten. Doch vor der Weiterfahrt nach Manismata trinken wir einen Eistee und essen eine Kleinigkeit. Weiter geht es dann im mit sechs Personen besetzten Boot durch traumhaft schöne Flusslandschaften. In Manismata werden wir herzlich willkommen geheissen. Schliesslich kommen nicht jeden Tag zwei Touristen an. Wir werden ins beste Gästehaus begleitet und bekommen ein wirklich schönes Zimmer. Beim Rundgang durchs Dorf und beim anschliessenden Nachtessen sind wir ständig von Kindern umringt. Sie wollen sich diese Attraktion nicht entgehen lassen. Die Verständigung untereinander ist unkompliziert: Sie gebrauchen die wenigen Brocken Englisch, die sie kennen, und wir versuchen uns im indonesisch sprechen. Dabei wird herzlich und viel gelacht.
Am anderen Morgen steht der Bus zur Weiterfahrt bereit. Es ist ein nicht mehr taufrisches Modell. Um sechs Uhr soll es losgehen, oder ist es doch erst um sieben Uhr? Die Fahrgäste wären da, sie warten nur noch auf den Buschauffeur. Um halb acht starten wir zu unserer langen Reise. Anfangs führt der Weg durch unendlich weite Palmölplantagen, dann wird die Strasse zusehends schlechter. Entweder hat es grosse Schlaglöcher oder es ist so sumpfig und matschig, dass der Bus bis zur Achse in den tiefen, mit Wasser gefüllten Furchen, die andere Fahrzeuge hinterlassen haben, einsinkt. Der Bus schaukelt oft bedrohlich, doch er kippt nicht. Plötzlich drehen die Hinterräder durch - es gibt kein Weiterkommen. Wir sitzen im Schlammloch fest. Wir steigen aus und machen uns aufs Schlimmste gefasst: Einer Übernachtung mitten in der Wildnis. Doch die Busfahrer sind hier für jede Situation ausgerüstet. Sie schlagen etwa 15 Meter vor dem Bus eine Eisenstange in den Boden und befestigen daran ein Seil, das schliesslich an die Hinterachse gebunden wird. Durch das Drehen der Hinterachse wickelt sich das Seil auf und der Bus zieht sich mit eigener Motorenkraft aus dem Sumpf. Dieses Prozedere wiederholt sich auf der weiteren Fahrt noch einige Male. Zudem hat der Chauffeur mehrere technische Probleme zu beheben: Zuerst verursacht die unter einer Sitzbank installierte Autobatterie einen kleinen Schwelbrand, was die beiden dort sitzenden Passagiere veranlasst, laut schreiend aus dem fahrenden Bus zu springen. Von nun an muss der Bus nach jedem Halt von uns Fahrgästen angestossen werden. Und schliesslich fahren wir nur noch im zweiten Gang durch die Gegend, da es dem Fahrer nicht mehr gelingt, in die höheren Gänge zu schalten. Trotz diesen Widrigkeiten erreichen wir nach 13 Stunden die Stadt Ketapang. Wer hat uns eigentlich erzählt, die Fahrt dauere lediglich sieben Stunden?
Die Weiterreise nach Pontianak planen wir mit dem Schnellboot über das Meer. Zuerst müssen wir uns aber noch die Tickets besorgen. Bei der Schiffsstation scheint es keine Verkaufsstelle zu geben. Und zurück in der Stadt müssen wir feststellen, dass sämtliche Plätze für den nächsten Tag besetzt sind. Wir versuchen unser Glück noch in einem Reisebüro-. Dort kann uns eine nette Dame gerade noch einen Sitzplatz anbieten. Wir erklären ihr, dass wir am nächsten Tag unbedingt zu zweit nach Pontianak weiterreisen müssen. Und siehe da, nach einem kurzen Telefonat ist sie bereit, uns zusätzlich noch einen, wohl nicht ganz offiziellen, Stehplatz anzubieten. Wohl bemerkt zum gleichen Preis wie jener des Sitzplatzes. Das Schnellboot fährt am nächsten Morgen um halb acht. Wir stellen fest, dass wir nicht die Einzigen sind, denen man Stehplätze auf dem Deck verkauft hat. Anscheinend ist dies eine gängige Praxis. Christian kommt in den Genuss des Sitzplatzes und ihm wird zum fünften Mal der neuste Kinohit "Journey around the World in 80 Days" vorgeführt. Anscheinend haben sämtliche Transportunternehmen in Malaysia und Indonesien nur gerade diesen Streifen für ihre Videoanlagen auf Lager. Kurz vor Ende der sechsstündigen Fahrt verschlechtert sich das Wetter und Pontianak begrüsst uns auch beim zweiten Besuch mit einem heftigen Gewitterregen. Hier sind wir am 27. Mai zu unserer Borneorundreise gestartet und nach siebeneinhalb Wochen schliessen wir die Umrundung dieser grossen Insel ab. Mit der Busfahrt nach Kuching in Ostmalaysia und dem Weiterflug nach Hongkong nimmt unsere Reise durch Südostasien ihr Ende.
Asien liegt hinter uns, wir freuen uns auf weitere Erlebnisse in der Südsee und in Australien.
*so begrüsst man sich in Indonesien
Topps und Flopps Kalimantan
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